Die Real und Barca Stars und deren Probleme: Die Entführung von Di Stefano

Keine der europäischen Ligas wird von einem Kampf zwischen zwei Klubs so gekennzeichnet, wie es in der spanischen La Liga der Fall ist bzw. zwischen Real und Barcelona. Nun, älter und vielleicht wichtiger, ist das Derby (Old Firm) zwischen den Glasgow Rangers und Celtic oder dem argentinischen River und Boca, doch auch die und andere (mailändische oder römische) bleiben auf globaler Ebene schon seit Jahren weit hinter El Clásico.

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Alfredo di Stefano: Real Madrid 5-0 Barcelona, 5. 10. 1953 (Quelle: http://worldsoccertalk.com/)

Die spanischen Giganten locken daher die größte Anzahl der europäischen und weltweiten Stars an. Manchmal auch nur für den »Lagerbestand«, wie man im Fußballjargon den Einkauf von Spielern nennt, die zu Mitgliedern der Giganten werden, nur damit sich Real und Barca brüsten können, sie zu haben. Es ist weiters auch eine Vorgehensweise andere, finanziell nicht so starke Klubs, zu schwächen. Doch die Fußballmeister, über die wir schreiben, gehören nicht dazu. Es handelt sich um Stars, Gewinner des Goldenen Balls, die Besten der Besten. Weil sie die Besten sind, sind sie auch anfälliger für Probleme, in welchen sie früher oder später landen. Ob durch eigene Schuld, oder weil sie so berühmt sind und so in Brennpunkte anderer Kämpfe geraten, die auch nicht gerade mit Fußball zu tun haben.

VIDEO: Real Madrid – Barcelona: 5-0 (Saison 1953/54)

Alfredo Stéfano di Stéfano Laulhé, La Saeta Rubia (Blonder Pfeil) (Quelle: Wikipedia)

1963: Die Entführung von Di Stefano

Schon in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts galt Real Madrid als weltweit grösster Klub (5-maliger Europameister) und wurde als solcher, natürlich für viel Geld, zu vielen Freundschaftsspielen oder Tournieren eingeladen. So ein Spiel fand auch vor 53 Jahren, im August 1963 in Caracas, Venezuela statt. Neben Real nahmen auch Porto aus Portugal und die brasilianische Mannschaft Sao Paulo teil. Am 27. August 1963, nach dem Spiel zwischen Real und Porto, aus welchem die königliche Mannschaft mit einem 2:1 als Sieger hervorgegangen war, klingelte im Hotelzimmer von Di Stefano das Telefon. Aus der Rezeption wurde ihm mitgeteilt, dass er von der Polizei gesucht wird, die etwas mit ihm besprechen wolle. Er lud sie in sein Zimmer ein, welches er kurz danach auch mit ihnen verliess. Sie hatten ihn gebeten, mit ihnen auf die Wache zu gehen, um die Formalitäten dort zu regeln. Da sie ihm versicherten, dass es nicht lange dauern würde, sagte Di Stefano niemandem Bescheid und ging mit. Doch der Schreck folgte, als ihm im Auto mitgeteilt wurde, dass er aus politischen Gründen entführt worden sei. Bei den Entführern handelte es sich um FALN, eine regierungsfeindlichen Organisation, Gegner des derzeitigen Regimes unter Präsident Rómulo Betancourt. Durch die Entführung hofften Sie auf Publizität. Das wurde auch der Führung von Real mitgeteilt, sobald der berühmte Spieler gut versteckt war. Sofort wurden alle anderen Spieler in die spanische Botschaft in Sicherheit gebracht. Die Entführer hielten Di Stefano beinahe zwei Tage fest, bis sie ihn auf einer der Strassen von Venezuelas Hauptstadt freiliessen, nachdem sie den gewünschten Medienrummel erreicht hatten.

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Di Stefano mit einem der Entführer

Während der Entführung erging es ihm nicht schlecht. Um die Zeit zu vertreiben, hatte man mit ihm Karten gespielt, man brachte ihm Essen aus den besten Restaurants und erlaubte ihm sogar Radio zu hören. Nach der Freilassung nahm sich Di Stefano ein Taxi und fuhr zur Botschaft, zu den anderen Spielern. Während der darauffolgenden Pressekonferenz erkannte Di Stefano sogar zwei der Entführer unter den Journalisten, aber er verriet sie nicht. Der Polizei gegenüber identifizierte er nur Máximo Canales, mit dem Künstlernamen Paul del Rio. Noch unheimlicher war jedoch, dass er einen weiteren Entführer unter den Polizisten am Flughafen erkannte, als er sich auf den Heimweg machte. Interessant war auch, dass der damalige Real Madrid Präsident von Di Stefano verlangte, das ganze Spiel gegen Sao Paulo zu spielen, obwohl die Entführung erst einige Stunden her war. Doch trotz brillantem Spiel hielt es der Argentinier nicht bis zum Ende durch und verlangte ausgetauscht zu werden, da er sich nicht allzu gut fühlte. Im Jahr 2005 wurde ein Dokumentarfilm über die Ereignisse in Caracas aufgenommen. Zur Premiere wurde neben Di Stefano und Zidane, Raul, Beckham und Roberto Carlos, auch Paul del Rio eingeladen. Doch der berühmte Argentinier schüttelte nicht seine Hand mit dem berühmten Entführer. »Sie haben meine Familie erschreckt. Wir haben uns nichts zu sagen.«